Digitaltag am Gymnasium Puchheim

Artikel zum Workshop für 5. Klassen, verknüpft mit einem Infoabend für Eltern

„Sei smarter als dein Smartphone“ / „Überlebenstipps für Eltern“

Gesehenes kann man nicht Ungesehen machen

‚Wann sollte ich meinem Kind ein Smartphone erlauben?‘, eine der meistgestellten Fragen erzählt Daniel Wolff. Der ehemalige IT-Journalist, Gymnasiallehrer und mittlerweile Medientrainer will den etwa 150 interessierten Eltern heute Abend in der Aula des Gymnasiums Puchheim „Smartphone Überlebenstipps“ geben. Seine Antwort seien zwei Gegenfragen: 1. Wie gut kennen Sie sich selbst mit digitalen Medien aus? 2. Wieviel Zeit haben Sie für Ihr Kind? „Wenn jemand mit den Möglichkeiten des Smartphones vertraut ist und um die Gefahren, die im Internet lauern weiß, ist das schon mal gut. Wenn man sich darüber hinaus auch viel Zeit für seine Kinder nehmen kann, um diese im Umgang mit ihrem Smartphone zu begleiten, dann spricht nichts dagegen, dem Kind vielleicht auch schon im Grundschulalter ein Smartphone zu erlauben.“ Hätten Eltern aber weder Zeit noch Ahnung, sollten sie Smartphone und Co. möglichst lange von ihrem Kind fernhalten.

Es gehe nicht darum – führt der Experte aus – Handynutzung schlecht zu reden. Die meisten von uns haben schließlich eines. Und auch Kinder können das Smartphone auf tolle Art und Weise verwenden und viel Spaß damit haben. Aber eben nicht auf eigene Faust und nur in vernünftigem Maß. Keinesfalls, und das wird Daniel Wolff an diesem Abend immer wieder betonen, sollten Eltern ihren Kindern erlauben, das Smartphone über Nacht mit ins Kinderzimmer zu nehmen. Weder als Einschlafhilfe, noch als Wecker. „Ihr Kind wird den WhatsApp Nachrichten seiner Klassenkameraden aus dem Chat nicht widerstehen können.“ Außerdem machten Eltern sich damit gegenseitig die Erziehungsarbeit unglaublich schwer, versucht Wolff zu verdeutlichen. Das Schlimmste jedoch sei: Im nächtlichen Schlafzimmer haben Kinder und Jugendliche ungehinderten Zugang zur großen, weiten und mitunter sehr unschönen Welt des Internets. Denn Jugendschutz ist hier praktisch nicht vorhanden. Dazu hat er Beispiele parat: Von, zwar animierten, doch durchaus realistisch dargestellten, brutalen Tötungsszenarien, die an diesem Abend nicht wenige der elterlichen Zuhörer zum Wegschauen zwingen. Von scheinbar harmlosen Spieleseiten, auf denen die Kinder leider immer wieder mit getarnten Pädophilen in direkten Kontakt kämen. Dass diese Seiten auch frank und frei den Wohnort der Kinder preisgeben, ist den meisten Eltern nicht bekannt. Der Referent zeigt auch Beispiele von Pornoseiten, auf denen Kinder schnell, unvorbereitet und vor allem unabsichtlich landen könnten. Spürbares Unbehagen in der Aula.

„Es ist unbedingt notwendig, dass die Schülerinnen und Schüler frühzeitig im Umgang mit ihren Smartphones geschult werden“, betont die stellvertretende Schulleiterin des Gymnasiums Puchheim, Dr. Monika Christoph. Aber: sie müssten auch mit ihren Eltern zielführend über Umgang und Nutzung kommunizieren können. „Hier haben nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen großen Bedarf“, so Christoph. Deshalb organisiert die Schule zusammen mit Förderverein und Elternbeirat einen ganzen Projekttag mit altersentsprechenden Themen für Unter- und Mittelstufenschüler, aber eben auch für Eltern und Lehrkräfte.

„Ihr könnt Gesehenes nicht ungesehen machen“ hatte Daniel Wolff den Kindern der 5. Klassen zu diesem Thema am Vormittag eingeschärft und sie vor solchen Gefahren gewarnt. Denn, wenn Kinder sich mittels Smartphone oder heimischem Laptop im world wide web bewegen, müssen sie auf solcherlei Risiken vorbereitet werden. Deshalb appelliert Wolff am Abend an die Eltern: „Allein Sie sind dafür verantwortlich Ihr Kind zu schützen. Im Internet und in sozialen Netzwerken“. Wie erfinderisch Kinder und Jugendliche im Aushebeln von Mediennutzungsregeln sein können, weiß der dreifache Vater aus eigener Erfahrung. „Doch das ist bis zu einem gewissen Grad doch ganz normal und war in unserer eigenen Jugend nicht anders“, erinnert er sich. Nur, dass es damals überwiegend um Regeln und Grenzen in der realen statt in einer virtuellen Welt ging. Heute ist im Umgang mit dem Smartphone vor allem wichtig, dass Eltern und Kinder im Kontakt bleiben, sich dafür interessieren, was dem jeweils anderen im Internet und auch abseits davon gefällt. „Drohen Sie niemals damit, Ihrem Kind das Handy wegzunehmen“, beschwört der Medientrainer die Eltern. Denn aus Furcht vor dem Verlust des Handys würden Kinder und Jugendliche sich womöglich nicht mehr vertrauensvoll an ihre Eltern wenden wollen, wenn sie in Schwierigkeiten gerieten und dringend Hilfe benötigten. „Verhandelt mit euren Eltern!“ hatte er den Kindern am Vormittag vorgeschlagen. Nach dem Motto: ‚Ich erzähle euch, was mir im Internet passiert ist, aber nur, wenn ich mein Smartphone behalten darf.‘ Den Eltern rät er sich darauf einzulassen und das Versprechen unbedingt einzuhalten. „Lehrer“, ergänzt er noch, „sind übrigens nicht verantwortlich für die Medienerziehungsarbeit.“ So hätten sie rechtlich zum Beispiel keinerlei Zugriff auf die WhatsApp Gruppen ihrer Schüler und könnten daher auch nicht eingreifen, wenn es beispielsweise um Mobbing Verdacht ginge. Aber die Lehrkräfte können informieren und unterstützen. Ein offenes Ohr anbieten und bei Bedarf und Wunsch zwischen Kind und Elternhaus vermitteln. Das kann und will auch die stellvertretende Schulleiterin Dr. Monika Christoph für das Puchheimer Gymnasium bestätigen: „Wenn alle an einem Strang ziehen, wenn Elternhaus, Schule und Schüler vertrauensvoll und eng zusammenarbeiten, dann kann Medienerziehung erfolgreich gelingen“.

Regine Gerriets